Ich teile mit dir meine Erkenntnis von heute Morgen.
Ich habe letzte Nacht getanzt. Einer meiner Ex-Liebhaber geht in die gleiche Tanzgemeinschaft und er war jetzt auch dort. Ich habe es mir vor einem Jahr zum Ziel gesetzt, wir haben uns darauf geeinigt, nicht miteinander zu tanzen. Ich dachte darüber nach wie ich die Chemie, die immer noch zwischen uns vor sich geht, unter Kontrolle zu bringen. Ich habe dieses Embargo für Weihnachten und die Silvesternacht aufgehoben.
Auf dem Heimweg von der Party im Morgengrauen begann ich zu erkennen, dass hinter dem fantastischen Gefühl, miteinander zu tanzen, andere Empfindungen steckten, die ich in dieser Nacht verscheucht habe. Plötzlich fand ich das Wort, das beschreibt, wie ich bin, wie ich mich jetzt ihm gegenüber verhalte. Das Wort ist „Domina”.
Ich beherrsche ihn.
Das hat mich furchtbar schockiert. Auf der einen Seite der wegreißende und beunruhigende Schock der Erkenntnis, den man kilometerweit knallen hören musste. Auf der anderen Seite als ob der Schmerz der Anerkennung, einen Dolch in die Mitte meines Herzens stechen würde: ich bin nicht besser als die Frauen, die sich um ihn geschart haben, die ihn immer noch ausnutzen, ihn packen und ihm sagen, was zu tun ist. Doch meine Maske unterscheidet sich von den ihren, sie heißt Freundlichkeit.
Ich kann dieses passiv-aggressive Spiel verwenden, um ihn und vielleicht auch andere Männer zu beeinflussen, mir hörig zu sein.
Und das hat nichts mit der bedingungslosen Liebe zu tun, die akzeptiert, loslässt und verzeiht und die unter allen Schatteneigenschaften tief in mir steckt, dass weiß ich.
Es ist kein Zufall, dass ich alle Männer um mich herum ablehne, denn irgendwo habe ich das Gefühl, dass ich nicht bereit bin, ein echter Partner zu sein. Wie könnte ich jemandem etwas versprechen, wenn meine Realität so vor mir verborgen ist? Wie kann ich so ehrlich sein? Auf der Ebene meines aktuellen Bewusstseins ist das alles das, was ich als Domina, als passiv-aggressive Frau mit unschuldigen Augen erkenne und tue, nur aus dem Grund um mein Embargo aufrecht zu erhalten. Ich verführe ihn, wickele ihn um meinen Finger und verriegele dann die massive Betontür, damit er nicht mein Innerstes berühren kann und draußen bleibt.
Ich habe ihn bis jetzt ausgenutzt und ich tue es immer noch. Ich werde solange an diesem Zwei-Personen-Spiel teilnehmen, bis ich alle meine Schatteneigenschaften losgelassen habe, die als Requisite für dieses Spiel dienen.
Es ist schrecklich. Ich hätte sogar nie in meinem Traum gedacht, dass ich Menschen ähnlich bin, die ich selbst verurteile, ja sie sogar verachte und missachte. Ich bin nicht besser als die Anderen. Und jetzt, da ich es aufgeschrieben habe, merke ich, dass ich auf mich Selbst herabschaue, also ich verachte und missachte mich.
Jetzt arbeite ich an mir selbst…